Daß die Artillerie 2005 ein Jubiläumsjahr feiert, ist jetzt hinreichend bekannt.
Die Vorbereitungen zu unserem Fest laufen aber schon, wie man sich denken kann, seit über drei Jahren.
Zu diesen Vorbereitungen gehört auch die spontane Idee meinerseits: „Warum sollen sich nicht auch in diesem Jahr 2005 unsere Ari-Frauen an dem Festzug beteiligen?“
„Aber wie?“ war die nächste Überlegung, die im Raum stand.
Es kamen die Fragen auf:
Was machte die Artillerie in den Kriegszügen und in den Heeren? Zu welcher Zeit spielte sich das alles ab? Die Bilder, die sofort entstanden, waren die Darstellungen des dreißigjährigen Krieges, des Heerestrosses und des Zuges der Marketender und Marketenderinnen, die die kämpfenden Heere begleiteten.
(Marketender: lateinisch/italienisch: mercatante = Händler
Bis zu Beginn des 20. Jhdts. Bezeichnung für Händler, die die Truppen bei Manövern und im Krieg begleiteten und Nahrungs- und Genußmittel, sowie Bedarfsartikel verkauften. Von großer Bedeutung, solange die Soldaten ihre Verpflegung selbst beschaffen mußten.
aus Meyers Lexikon )
Das Bild der Marketenderinnen darzustellen war also die Lösung.
Da unsere Artilleristen zu Pferd den Zug begleiten, blieb uns die Rolle des Fußvolkes, der Marketenderinnen.
Aber wie sollte das Bild aussehen?
Die Kostümfrage war leicht gelöst: lange, weite Röcke, Blusen, Mieder, Häubchen.
Ich glaube im Aussehen haben wir uns diesem Bild sehr gut genähert. Also, die Idee stand fest.
Ich fertigte in meinem Nähzimmer – später liebevoll die ‚Kammer des Schreckens’ genannt (Anlehnung an Harry Potter) – zwei Kostümmodelle an:
Modell Beatrix
und
Modell Anna-Sophia.
Bei der ersten Vorstellung unserer Idee und der dazugehörigen Kostüme waren die Ari-Frauen sehr begeistert und sofort Feuer und Flamme.
Bei den folgenden Treffen lagen bei uns im Wohnzimmer schon ballenweise Stoffe der verschiedensten Farben und Qualitäten aus, da jede Frau sich aussuchen sollte und konnte, was ihr am Besten gefiel.
Das Ausmessen der Kleidergrößen, die Auswahl der Stoffe und Farben – mit einem kleinen Gläschen Prosecco in der Hand – hat uns sehr schöne Abende bereitet.
Das Nähen der 25 Kostüme lief über einen Zeitraum von 2 ½ Jahren.
Ich zog mich sehr oft an Wochenenden und an freien Abenden in die ‚Kammer des Schreckens’ zurück, die jetzt ihren Namen zurecht trug, weil es zu bestimmten Zeiten schwierig war, die Tür zu öffnen, geschweige denn an die Nähmaschine und das Bügelbrett zu gelangen, weil sich meterweise Stoffe durch das Zuschneiden auf dem Boden türmten.
Die Begeisterung und der Spaß sich zu verkleiden, stiegen bei den Ari-Frauen in dem Maß, je mehr Kostüme fertig gestellt waren. Es wurde verglichen, gelacht, Häubchen ausprobiert, Komplimente verteilt, so wie das eben bei Frauen üblich ist, die sich Kleider aussuchen dürfen.
Hier muß ich auch ein Lob an die Damen der Stoffabteilung der Firma Karstadt aussprechen. Ich möchte sagen, man kannte mich da schon. Sobald ich wieder einmal in dieser Abteilung gelandet war, sprachen mich die Damen oft mit den Worten an: „Schauen sie mal, wir haben wieder neue Stoffe herein gekriegt. Wäre das nicht was für Sie? So was suchen Sie doch.“ Es tauchte auch schon einmal die Frage auf: „Was machen Sie mit der Menge Stoff?“
Ich antwortete dann immer: „Ich sage Ihnen schon Bescheid, wofür ich das brauche.“
Jetzt ist es soweit. Also meine Damen von der Firma Karstadt: Ihre Stoffe können im Schützenzug 2005 an den Ari-Frauen bewundert werden.
Nochmals Dank an Sie.
Nun zurück zu unserem Thema:
den Marketendern und Marketenderinnen.
Trotz ausgiebiger Suche im Internet und in Büchern war die Ausbeute über die genaue Darstellung des Marketenderwesens recht gering.
Das hier konnte ich zusammentragen:
Einen Heerestroß oder Marketenderzug gab es schon bei den römischen Legionen. Sie waren zuständig für die Versorgung der Truppen mit Lebensmitteln, Kleidern und Waffen, da die Legionen, wie auch die Söldner im dreißigjährigen Krieg, eine Art Selbstversorger waren. Bezahlt für ihre Leistungen im Krieg durch den erhaltenen Sold, waren sie darauf angewiesen sich selbst zu versorgen, mit allem was sie benötigten. Die Heeres- und Marketendertrosse, in denen sich nicht nur Händler, sondern auch Handwerker jeglicher Art befanden, nahmen manchmal Ausmaße an, daß sie sogar in der Größe und der Anzahl der Wagen und der Menschen größer waren als das kämpfende Heer.
Sogar Frauen und Kinder zogen mit. Die Frauen verkauften aber nicht nur Essen und Kleidung. Literarisch wird dieses Thema der Marketender bei Brechts „Mutter Courage und ihre Kinder“ verarbeitet.
Aus diesem durchaus ernsten Thema der Kriegsführung sind wir heute bei unserem Fest der Ari in angenehmere, freudigere Zeiten gelangt.
Das ist auch schöner so.
So macht es mehr Spaß, in die Rolle der Marketenderin zu schlüpfen. Ich glaube, daß ich in diesem Sinne für alle Ari-Frauen spreche.
Wir hatten daher unseren großen Spaß schon bei der Vorbereitung und wir freuen uns auf ein schönes Jubiläumsjahr 2005.
Beatrix Brunswicker